Hallo ans Tierheim-Team,
vielen Dank für den ausführlichen Rundbrief. Insbesondere die Überschwemmung der Tierheime als Folge der Corona-Pandemie ist immer wieder erschütternd zu sehen.
Ronja lebt nun seit 9 Monaten bei uns. In den letzten Monaten waren wir Stammgäste beim Tierarzt. Ronja war beim Spielen mit der Hinterpfote hängen geblieben, hatte sie seitlich weggezogen und sich dabei eine Zehe gebrochen. Der Bruch heilte nur langsam, aber die Verbandswechsel zweimal in der Woche hat sie sehr brav mitgemacht und in der Zeit einfach sehr viel geschlafen. Leider hatten sich während der langen Heilungsphase trotz der regelmäßigen Verbandswechsel wunde Stellen unter dem Verband gebildet, so dass sich nochmal eine Heilungsphase angeschlossen hat. Als mein Mann Ronja ins Auto tragen wollte, damit die Pfote nicht nass wird, hat sie einmal kurz gezappelt und dann hat er sich auch noch das Knie verdreht und eine Verletzung des Miniskus zugezogen, die auch immer noch nicht ganz ausgeheilt ist.
2 Monate mussten wir das Hundetraining aussetzen, irgendwann wurde Ronja auch ungeduldig und wollte wieder längere Runden laufen, obwohl wir in der Zwischenzeit auch versucht hatten, sie im Haus zu beschäftigen. Kaum war die Pfote so weit verheilt und wir konnten sie langsam wieder ins Training nehmen, da stand sie plötzlich wieder auf drei Beinen. Die Untersuchung beim Tierarzt ergab: der Knochen hält, die Pfote ist ok. Aber was ist jetzt los? Schließlich zeigten die weiteren Tests und Röntgen-Aufnahmen, dass Ronja Arthrose in beiden Knien hat, links stärker als rechts. Möglicherweise ist sie doch schon etwas älter als geschätzt. Durch die lange Zeit, in der sie sich schonen musste, bis der Bruch geheilt war, hat sie natürlich Muskeln abgebaut und dadurch wurde nun die Knie-Arthrose sichtbar. Wir haben jetzt Schmerzmittel im Haus, die wir ihr bei auftretenden Schmerzen geben können und versuchen auch sonst alles, damit sie ein möglichst beschwerdefreies Leben führen kann. Bewegungsspitzen muss sie nun vermeiden, obwohl sie das Spielen mit der Reizangel so liebt, ist das jetzt leider tabu. Wir haben nun wieder angefangen unsere Spaziergänge auszudehnen und arbeiten weiter vor allem an der Leinenführigkeit. Dazu hatten wir bereits einen Kurs belegt. Davon war sie für einige Wochen auch beeindruckt und lief besser, aber bald kannte sie alle unsere Tricks und hat wieder stärker an der Leine gezogen, sie ist halt eine schlaue Maus. Inzwischen weiß sie, was sie tun soll und kommt auch auf das Kommando „bei“ brav an meine Seite. Leider vergisst sie das unterwegs immer wieder und braucht sehr viele Erinnerungen 🙂 Sie ist draußen immer noch aufgeregt und sehr nach außen orientiert, aber sie fürchtet nicht mehr um ihr Leben. Entsprechend geht sie mit uns inzwischen an vielen furchteinflößenden Sachen vorbei, etwa an anderen Hunden, Schafen oder Kühen. Und wenn sie doch mal in die Leine springt und bellt, dann eben nicht mehr mit ganzer Kraft und der Sorge ihr Leben verteidigen zu müssen, sondern nur noch halbherzig. Und wenn wir weitergehen, dann kommt sie auch mit und ist froh, dass sie sich nicht kümmern muss. Das war ja am Anfang nicht so, da war sie ja in solchen Situationen gar nicht ansprechbar und hat in uns auch keine Hilfe gesehen. Aufgrund dieser Änderung des Verhaltens brauchen wir den Maulkorb draußen schon lange nicht mehr. Wir nehmen ihn eigentlich nur noch beim Tierarzt mit, wenn die Gefahr besteht, dass wir auf dem engen Flur einem anderen Hund über den Weg laufen.
Nun mussten wir sie schon wieder beim Tierarzt vorstellen, nachdem sie über mehrere Tage Durchfall hatte. Sie hatte anscheinend eine Infektion, die aber mit Antibiotika behandelt werden konnte und dann auch schnell besser wurde. Morgen bekommt sie die letzte Tablette, dann ist das Thema ausgestanden und wir hoffen auf längere Zeit nicht mehr zum Tierarzt zu müssen…
Im Haus ist Ronja nach wie vor eine totale Schmusemaus und ein Clown, sie bringt uns oft zum lachen und wir sind froh, dass sie hier ist. Auch anderen Menschen gegenüber ist sie grundsätzlich freundlich, aber es besteht nach wie vor ein Problem mit großen, kurzhaarigen Männern, insbesondere etwas älteren. Da bekommt sie immer wieder einen großen Schreck, auch wenn sie Person schon kennengelernt hat, und kann dann erstmal nicht nachdenken und versucht die Person zu verbellen. Wir gehen davon aus, dass sie in ihrem früheren Leben schlechte Erfahrungen gemacht hat.
Ronja liebt die Dummy-Arbeit, Tricks und Kommandos lernt sie eigentlich sehr schnell. Aber sie kann eben draußen sehr oft nicht nachdenken und die Kommandos dann auch nicht umsetzen. Wir sehen schon deutliche Fortschritte, aber sie ist ein Hund, der sehr, sehr viele Wiederholungen braucht und viele positive Erlebnisse, um die Erfahrungen ihrer Vergangenheit zu überprägen. Busfahren, Restuarant-Besuch usw. macht sie eigentlich alles ohne Probleme – aber es darf halt einfach kein anderer Hund reinkommen, das kann sie in solchen Situationen noch nicht aushalten. Anonsten hat sie inzwischen gelernt, dass andere angeleinte Hunde draußen keine Gefahr für sie darstellen und sie kann ihre Anwesenheit auf eine gewisse Distanz auch schon ganz gut aushalten.
Im Januar können wir dann hoffentlich wieder richtig mit dem Hundetraining loslegen. Aber vorher geht es noch in den Urlaub in die Normandie. Wir sind gespannt, wie Ronja den Strand findet. Schnee findet sie jedenfalls super!
Das waren jetzt leider nicht alles positive Nachrichten. Wir glauben aber, dass Ronja sich hier weiterhin sehr wohl fühlt, vor allem im Haus. Morgens versucht sie oft uns am Aufstehen zu hindern und schlägt vor, dass wir lieber im Bett bleiben könnten. Da ist es sicher und bequem und es gibt keine Gefahren. Auch beim Hundetraining bietet sie oft an, lieber wieder ins Auto zu gehen, damit sie sich den Trainings-Situationen nicht stellen muss. Sie ist ein Hund, der eigentlich gar keinen Stress will. Aber natürlich kann es draußen nur besser werden, wenn wir immer wieder trainieren. Sie hat gut gelernt auch mal einige Stunden alleine zu Hause zu bleiben. Anfangs lag sie aufgeregt hinter der Tür. Sie hat zwar nicht gebellt und auch nichts kaputt gemacht, aber wir wussten, dass es ihr trotzdem nicht gut ging damit. Wir haben das immer wieder geübt und inzwischen hat sie die Sicherheit, dass wir immer wieder zurückkommen. Wenn wir heute die Tür aufmachen, kommt sie – mit einiger Verzögerung – verschlafen aus dem Bett gekrabbelt 🙂 Sie muss aber nicht viel alleine sein, wir nehmen sie ja meistens mit oder ich bin mit ihr im Homeoffice. Nur zum Einkaufen oder während eines Arztbesuchs muss sie dann eben mal kurz aushalten, aber das kann sie jetzt ganz entspannt.
Mit zwei Fotos von Ronja verabschieden wir uns und wünschen dem Tierheim weiterhin alles Gute für die vielen Herausforderugen!
Indra, Sascha & Ronja